Informationen in leichter Sprache zu unseren FAQ finden Sie hier (Ein Leitfaden des Freistaats Thüringen)
Wie kommt eine rechtliche Betreuung zustande?
Einen Antrag auf rechtliche Betreuung kann von jedem Menschen gestellt werden, zuständig ist immer das örtliche Amtsgericht.
Der Antrag ist formlos, das bedeutet, ein einfacher Brief an das Amtsgericht mit einer Beschreibung, weshalb eine rechtliche Betreuung notwendig sein sollte, reicht aus.Oft sind es Dritte, die die gesetzliche Betreuung anregen, wie z.B. Behörden, Krankenhäuser, Nachbarn.
Das Betreuungsgericht, die zuständige Abteilung innerhalb des Amtsgerichts, prüft den Antrag und ob die Voraussetzungen vorliegen. Weiterhin prüft es, wer die Betreuung später führen soll. Hierfür erhält das Amtsgericht oft Unterstützung von der Betreuungsbehörde, einer Abteilung des Sozialamts. Das Gericht prüft auch, welche Bereiche notwendig sein könnten.
Im nächsten Schritt wird oftmals ein Verfahrenspfleger bestellt. Der Verfahrenspfleger dient dazu, dass die betroffene Person ihre Rechte weiterhin wahrnehmen kann, auch wenn sie beispielsweise keinen freien Willen äußern kann.
Nun folgt ein persönliches Gespräch zwischen der betroffenen Person, dem Betreuungsgericht und ggf. dem/der Verfahrenspfleger:in. Hier werden Wünsche der betroffenen Person abgefragt, aber auch abgeklärt, ob z.B. eine Vorsorgevollmacht oder eine Betreuungsverfügung vorliegt. Auch nahestehende Personen, Verwandte, Bekannte,.. können angehört werden.
Im letzten Schritt wird ein Sachverständigengutachten eingeholt, dass die Frage der Notwendigkeit einer gesetzlichen Betreuung aus psychiatrischer Sicht beantwortet. Ist die Person schon vorab mit der angeregten Betreuung einverstanden, kann auch ein ärztliches Attest ausreichen.
Welche Alternativen zur rechtlichen Betreuung gibt es?
Rechtliche Betreuung ist im Allgemeinen nachrangig. Das bedeutet, dass zunächst geprüft werden muss, ob andere Hilfen für die betroffenen Menschen ausreichend sind. Hierzu kann u.a. die Eingliederungshilfe gehören, aber auch andere Soziale Dienste.
Um eine rechtliche Betreuung zu vermeiden, kann auch frühzeitig vorgesorgt werden.
Zum einen kann eine Vorsorgevollmacht angefertigt werden, in der eine Person des Vertrauens bevollmächtigt wird, bestimmte Angelegenheiten regeln zu können.
Auch eine Patientenverfügung kann eine rechtliche Betreuung verhindern, da in dieser Entscheidungen im Bereich der medizinischen Versorgung im Voraus getroffen werden.
Im Bereich der Gesundheitssorge kann auch das Ehegattennotvertretungsrecht greifen. Kann ein Ehegatte auf Grund einer Erkrankung nicht mehr selbst handeln, kann der/die Ehepartner:in in ärztliche Eingriffe einwilligen oder diese untersagen. Diese Vertretung kann aber längstens für 6 Monate gelten.
Sind Menschen, für die ein:e rechtliche:r Betreuer:in bestellt wurde, entmündigt?
Die Entmündigung wurde 1992 abgeschafft. Die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung hat seit dem nicht mehr zur Folge, dass die betroffene Person entmündigt ist.
Dies bedeutet, dass auch keine Einschränkung der Geschäftsfähigkeit vorliegt, solange dies im Einzelfall nicht anders bewertet wird.
Eine Ausnahme bildet ein vom Gericht angeordneter Einwilligungsvorbehalt. Liegt ein solcher vor, hat dies zur Folge, dass die betroffene Person im entsprechenden Aufgabenkreis nur noch mit Einwilligung der rechtlichen Betreuung am Rechtsverkehr teilnehmen kann.
Da der Einwilligungsvorbehalt einen starken Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht bedeutet, kann dieser aber nur dann angeordnet werden, wenn eine erhebliche Gefahr besteht, dass die betroffene Person sich selbst oder ihr Vermögen schädigt.
Welche Aufgabenkreise gibt es?
Die gesetzliche Betreuung wird nur für die Aufgabenkreise angeordnet, die als notwendig angesehen werden. Im Laufe der Betreuung kann sich der Bedarf ändern, nicht mehr notwendige Aufgabekreise wegfallen oder neue Aufgabenkreise hinzukommen.
Am häufigsten werden folgende Aufgabenkreise angeordnet:
- Vermögenssorge
- Gesundheitssorge
- Wohnungsangelegenheiten
- Heimangelegenheiten
- Entscheidung über die Entgegennahme, das Öffnen und Anhalten der Post
- Aufenthaltsbestimmung
- Behörden-, Renten und andere Sozialleistungsangelegenheiten
- Versicherungsangelegenheiten
- Organisation der ambulanten Versorgung
- Entscheidung über freiheitsentziehende Maßnahmen §1831 Abs. 1 BGB
- Entscheidung über freiheitsentziehende Maßnahmen §1831 Abs. 4 BGB
Wer bezahlt eine Betreuung?
Da die rechtliche Betreuung im Grundsatz ehrenamtlich geführt wird, ist sie damit unentgeltlich.
Ein:e berufliche:r Betreuer:in wird nur dann bestellt, wenn dies erforderlich ist. In diesem Fall wird die rechtliche Betreuung entgeltlich und muss grundsätzlich von der betreuten Person bezahlt werden. Ist die betroffene Person mittellos, wird die Vergütung aus der Staatskasse bezahlt.
Die Höhe der Vergütung ist für Außenstehende nur schwer nachvollziehbar, da sie gesetzlich geregelt ist. Einen Überblick über die Höhe der Vergütung findet sich im Gesetz über die Vergütung für Betreuer und Vormünder. Hierbei wird sowohl nach Dauer der Betreuung, als auch nach Aufenthaltsort der betroffenen Person und nach mittelos/nicht mittellos unterschieden, auch die Qualifikation des/der Betreuer:in spielt eine Rolle.
Die Tabelle kann hier abgerufen werden.
Wie werden Betreuer:innen kontrolliert?
Im Wesentlichen werden Berufsbetreuer:innen durch das Betreuungsgericht kontrolliert.
Zu Beginn einer Betreuung muss neben einem Anfangsbericht ein Vermögensverzeichnis erstellt werden. Der Bericht beschreibt die derzeitige Lebenssituation, sowie Wünsche der betroffenen Person hinsichtlich der Betreuungsführung und der Lebensführung. Das Vermögensverzeichnis stellt einen „Ist-Stand“ der Vermögensverhältnisse zu Beginn der Betreuung dar.
Ein Jahr später wird ein Jahresbericht, sowie eine Rechnungslegung angefertigt. Der Jahresbericht beschreibt die Entwicklung innerhalb des vergangenen Jahres. Die Rechnungslegung gibt dem Betreuungsgericht eine Übersicht über die Entwicklung der Vermögensverhältnisse im vergangenen Jahr. In der Rechnungslegung weist der/die rechtliche Betreuer:in nach, welche Verfügungen von ihm/ihr im vergangenen Jahr getätigt wurden.
Mit dem Ende einer rechtlichen Betreuung wird ein Schlussbericht angefertigt. In diesem werden die Änderungen seit dem letzten Jahresbericht ebenso dokumentiert, wie die Herausgabe von Vermögen, falls der/die Betreuer:in Vermögen verwaltet hat und wem die Unterlagen übergeben wurden. Weiterhin wird ein Schlussvermögensverzeichnis angefertigt, dass die Vermögensverhältnisse zum Betreuungsende dokumentiert.
Der/die rechtliche Betreuer:in hat mit dem Ende der Betreuung gem. §1872 BGB eine berechtigte Person auf die Pflicht zur Schlussrechnungslegung hinzuweisen, da diese nicht zwingend notwendig ist. Berechtigte Personen sind z.B. Erben, Nachlasspfleger:innen oder die betroffene Person selbst, wenn die Betreuung aufgehoben wurde. Die Schlussrechnung zeigt, wie die jährliche Rechnungslegung, die Entwicklung der Vermögensverhältnisse seit dem letzten Bericht und die Verfügungen des/der rechtlichen Betreuer:in.
Hilfe, ein Notfall! – die freiheitsentziehenden Maßnahmen
In der Praxis kommt es häufig vor, dass sich Angehörige, Vermieter:innen und sonstige Personen bei der rechtlichen Betreuung melden, da aus deren Sicht den betroffenen Menschen dringend geholfen werden muss.
Ein Beispiel: Die Vermieterin meldet sich beim rechtlichen Betreuer und teilt mit, dass die betroffene Person immer wieder aggressiv gegenüber anderen Mieter:innen auftritt. Sie sei offensichtlich krank und weshalb nicht geholfen würde.
In solchen und ähnlichen Fällen ist es immer ratsam, Rettungskräfte oder die Polizei zu alarmieren, da diese die Ansprechpartner für Notfälle sind. Eine rechtliche Betreuung könnte im Notfall nichts anderes machen. Da rechtliche Betreuer:innen aber keine Pflicht haben, immer erreichbar zu sein und auch nicht vor Ort sind, empfehle ich in solchen Fällen, sich direkt an die genannten Institutionen zu richten.
In manchen Fällen benötigen Menschen, die eine rechtliche Betreuung haben, medizinische Hilfe und können krankheitsbedingt nicht handeln oder sich in Behandlung begeben.
Eine rechtliche Betreuung kann eine Unterbringung beim Betreuungsgericht beantragen. Hierfür gibt es aber diverse Voraussetzungen:
- Der/die Betreuerin muss über einen entsprechenden Aufgabenkreis verfügen, der vom Amtsgericht angeordnet wurde. Ohne den Aufgabenkreis kann meine freiheitsentziehende Maßnahme beantragt werden. Ist ein entsprechender Bedarf vorhanden, kann ein:e rechtliche:r Betreuer:in einen Antrag auf Erweiterung der Aufgabenkreise beim Betreuungsgericht stellen.
- Es liegt eine Eigengefährdung vor.
Eine freiheitsentziehende Maßnahme dient dem Schutz der betroffenen Person, nicht Außenstehenden. Bei Fremdgefährdung kann keine freiheitsentziehende Maßnahme durch eine rechtliche Betreuung beantragt werden.
Beantragt eine rechtliche Betreuung freiheitsentziehende Maßnahmen, werden diese vom Betreuungsgericht und einem Sachverständigen geprüft. Das Verfahren kann lange andauern und dient nicht dazu, im akuten Notfall handlungsfähig zu sein.
Hierfür gibt es andere Möglichkeiten, beispielsweise kann auch die Polizei und das Ordnungsamt eine Einweisung in ein Krankenhaus vornehmen, auch und vor allem bei Fremdgefährdung.